Kieferorthopädie bei Kindern ist Kassenleistung

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Wenn bei Kindern und Jugendlichen Zahnstellungen kieferorthopädisch behandelt werden sollen, zahlen gesetzliche Krankenversicherungen ab einem definierten Schweregrad die komplette Behandlung. Wer mehr als die Regelversorgung möchte, muss privat zuzahlen. Dabei darf man ruhig skeptisch sein.
Jugendlicher mit Zahnspange

Das Wichtigste in Kürze:

  • Zahnfehlstellungen werden in 5 Kieferorthopädische Gruppen (KIG) eingeteilt.
  • Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben ab KIG 3 Anspruch auf eine zuzahlungsfreie kieferorthopädische Behandlung.
  • Kieferorthopäd:innen haben die Pflicht, Eltern über die kostenlose Behandlungsmöglichkeit für ihre Kinder zu informieren.
  • Kieferorthopäd:innen dürfen eine Kassenleistung nicht verweigern oder von privaten Zuzahlungen abhängig machen.
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Ihr Kind hat Anrecht auf Kassenleistung

Die Behandlung mit Zahnspangen wird bei vielen gesetzlich Versicherten bis zum 18. Lebensjahr komplett von den Krankenkassen bezahlt. Entscheidend ist dabei die Schwere der Fehlstellung. Bei medizinischer Notwendigkeit haben Kinder und Jugendliche also Anspruch auf eine zuzahlungsfreie Behandlung. Zahnärzt:innen müssen darauf hinweisen. Kieferorthopäd:innen dürfen eine Kassenbehandlung nicht verweigern oder von privaten Zusatzleistungen abhängig machen.

Wie messen Kieferorthopäd:innen eine Zahn-Fehlstellung?

Seit 2002 sind Zahnfehlstellungen in 5 Schweregrade eingeteilt, die sogenannten Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG). Zu der Einteilung der einzelnen Schweregrade gibt es genaue Definitionen. Gemessen wird in Millimetern.

Schweregrad 1 (KIG 1) beschreibt eine leichte Fehlstellung der Zähne, zum Beispiel ragen die oberen Schneidezähne bis zu 3 Millimeter vor die unteren. Es liegt allenfalls ein ästhetisches Problem vor, kein medizinisches. Deswegen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen keine Kosten.

Schweregrad 2 (KIG 2) ist definiert als eine geringe Ausprägung einer Zahnfehlstellung, zum Beispiel ein Platzmangel der Zähne, bei der der Platzbedarf bis zu 3 Millimeter beträgt. Eine Korrektur wäre unter Umständen medizinisch sinnvoll, muss jedoch privat bezahlt werden.

Schwergrad 3 (KIG 3) umfasst ausgeprägte Zahnfehlstellungen, die aus medizinischen Gründen eine Behandlung erforderlich machen, zum Beispiel ein beidseitiger Kreuzbiss oder ein deutlicher Engstand der Zähne.

Schweregrad 4 (KIG 4) beschreibt stark ausgeprägte Zahnfehlstellungen. Bei diesen Zahnstellungen ist aus medizinischen Gründen eine Behandlung dringend erforderlich, zum Beispiel bei der Nicht-Anlage von Zähnen oder einem offenen Biss.

Schweregrad 5 (KIG 5) hierbei handelt es sich um eine sehr stark ausgeprägte Fehlstellung der Zähne, zum Beispiel bei einem extremen Vorbiss oder Überbiss von bis zu 9 Millimetern.

Ausführlichere Informationen zu häufigen Zahnfehlstellungen bekommen Sie auf der Website des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Wann bezahlt die Krankenkasse eine Behandlung bei Kindern?

Kieferorthopäd:innen messen die Fehlstellungen im Kiefer, etwa einen Engstand, einen Platzmangel, Durchbruchstörungen oder eine Zahnunterzahl. Das in Millimetern gemessene Ergebnis lässt sich den 5 Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) zuordnen. Ausschlaggebend ist die Fehlstellung mit dem am höchsten bewerteten Behandlungsbedarf.

Während KIG 1 meist nur ein ästhetisches Problem darstellt, können Kieferorthopäd:innen bei KIG 2 aus medizinischen Gründen bereits eine Behandlung anraten. Bei KIG 1 und 2 sieht die gesetzliche Krankenversicherung jedoch noch keine Kassenleistungen vor. In beiden Fällen müssten die Eltern eine Behandlung privat bezahlen.

Die Kasse übernimmt die kompletten Behandlungskosten nur bei KIG 3, 4 und 5 und nur bis zum Ende des 17. Lebensjahres. Eine Behandlung erfolgt als Regelversorgung und umfasst die Standardleistungen der Krankenkasse. Extraleistungen müssen privat bezahlt werden.

Ist eine Behandlung immer sinnvoll?

In vielen Fällen ist die Grenze zwischen medizinischer Notwendigkeit und ästhetischen Gründen fließend. Zahnärzt:innen weisen häufig darauf hin, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen die Mundgesundheit und die Funktionsfähigkeit des Gebisses gefährden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse lassen aber zumindest Zweifel an diesen Aussagen zu. Zahnspangen führen nicht in jedem Fall zu einer verbesserten Zahngesundheit. Es ist weder belegt, dass Fehlstellungen das spätere Risiko für Karies, Parodontitis oder Kieferschmerzen erhöhen noch, dass durch eine Zahnspange die Zähne länger erhalten bleiben. Fragen Sie bei der Kieferorthopädin oder dem Kieferorthopäden ruhig nach, ob tatsächlich Risiken bestehen, wenn bei Ihrem Kind keine Behandlung durchgeführt wird.

Welchen Eigenanteil bezahlen Eltern?

Während der Kassenbehandlung müssen Eltern einen Eigenanteil von 20 Prozent aufbringen, der jedoch nach erfolgreich beendeter Therapie zurückgezahlt wird. Werden mehrere Kinder gleichzeitig behandelt, reduziert sich der Eigenanteil auf 10 Prozent.

Kostenpflichtige Extras sind freiwillige Leistungen

Wenn Kieferorthopäd:innen über die Regelversorgung hinaus Methoden und Geräte anbieten, die selbst zu zahlen sind, etwa zahnfarbene Brackets oder superelastische Bögen, fällt das in die Wahlfreiheit der Patient:innen. Diese privaten Zusatzleistungen, soweit von den Patient:innen gewünscht, sollten auf gesonderten, verständlichen Formularen vereinbart werden. Wissenschaftliche Studien zeigen aber immer wieder, dass solche Privatleistungen für Patient:innen medizinisch keinen Vorteil bringen.

Für weitere Informationen laden Sie kostenlos die Broschüre "Kieferorthopädie bei Kindern" der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz herunter. Informationen finden Sie zudem in der Broschüre "Kieferorthopädische Behandlung von Kindern und Jugendlichen" der hkk-Krankenkasse.

Mehr zum Thema

  1. Kieferorthopädie: Mehr Klarheit und mehr Patientenschutz - auf der Website der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV)
  2. hkk-Gesundheitsreport, 2021 "Kieferorthopädische Behandlung von Kindern und Jugendlichen", Ergebnisse einer Befragung von behandelten Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern
  3. hkk-Gesundheitsreport, 2020 "Kieferorthopädische Behandlung von Kindern und Jugendlichen", Charakteristika einer Kohorte – Teil 1: Wer wird behandelt?

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